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Von: Yannick Wild (Bauingenieur, Holzbauingenieur)

Stand: 25.11.2024

Brettschichtholz und Konstruktionsvollholz: Baustoffe für den modernen Holzbau

Holz ist einer der nachhaltigsten Baustoffe und erlebt gerade in modernen Bauweisen einen regelrechten Aufschwung. Besonders zwei Holzprodukte stehen dabei im Fokus: Konstruktionsvollholz (KVH) und Brettschichtholz (BSH). Beide Materialien bieten hervorragende technische Eigenschaften, doch worin liegen die Unterschiede und warum sind sie im modernen Holzbau unersetzlich? Dieser Artikel erklärt klar und verständlich die Merkmale, Vorteile und Anwendungsbereiche dieser beiden Holzprodukte – für Fachleute, aber auch für interessierte Heimwerker und Hausbauer.

Warum muss Holz für den modernen Holzbau überarbeitet werden?

Holz ist ein natürlicher und nachhaltiger Baustoff, der schon seit Jahrhunderten im Bauwesen genutzt wird. Doch in seiner rohen Form bringt Holz Eigenschaften mit sich, die seine Verwendung im modernen Holzbau erschweren:

  • Natürliche Fehler: Holz besitzt Äste, Risse und ungleichmäßige Strukturen, die die Festigkeit und Stabilität beeinträchtigen können.
  • Verformungen: Durch Feuchtigkeitsschwankungen kann es zu Quellen, Schwinden oder Verdrehungen kommen, was die Maßhaltigkeit des Materials reduziert.
  • Unterschiedliche Festigkeit: Die natürlichen Wuchsbedingungen führen dazu, dass die Belastbarkeit innerhalb eines Holzbalkens stark variieren kann.

Um diese Schwachstellen zu beseitigen und die positiven Eigenschaften von Holz – wie hohe Tragfähigkeit, geringes Gewicht und gute Wärmedämmung – optimal zu nutzen, muss es technisch überarbeitet werden

Was ist Konstruktionsvollholz (KVH)?

Konstruktionsvollholz (KVH) ist ein nach DIN 4074 Teil 1 sortiertes und auf 15% Holzfeuchte getrocknetes Kantholz, dass zum Teil aus Keilzinkenverbindungen miteinander verleimt ist Dieses Bauholz wird besonders im Holzrahmenbau und Holztafelbau eingesetzt wird. Es zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • Material: KVH besteht Nadelholz meist aus Fichte, kann jedoch auch aus Tanne, Lärche, Kiefer oder Douglasie hergestellt werden.
  • Sortierung: Nach Festigkeit (C24 / S10TS) sortiert, entweder visuell oder maschinell. C24 steht dabei für Nadelholz mit einer charakteristischen Biegefestigkeit von 24 N/mm² (Newton pro Quadratmillimeter), eine wichtige Voraussetzung um als Baustoff zugelassen zu werden.
  • Maße: Standardlängen bis zu 13 Metern, Breiten bis 140 mm.
  • Einschnittart: Herzgetrennt oder herzfrei. Herzfreies KVH bietet eine höhere Formstabilität und einen natürlichen Holzschutz.
  • Trocknung: Technisch getrocknet auf eine Holzfeuchte von 15 ± 3 %, erhöht die Tragfähigkeit und Formstabilität, zudem werden in diesem Schritt potenzielle Insekten und Pilze im Holz vernichtet, was die Langlebigkeit erhöht.
  • Verfügbar in den Oberflächenklassen:
    • Si (sichtbarer Bereich, mit wenig optischen Fehlern, wie Verfärbungen oder Verleimungsstellen)
    • NSi (nicht sichtbarer Bereich, mit mehr optischen Fehlern).

Konstruktionsvollholz (KVH) – Die Basis für den modernen Holzbau

Konstruktionsvollholz (KVH) eignet sich hervorragend für tragende Wandkonstruktionen im Holzrahmenbau und Holztafelbau.

Eine Holzrahmenwand aus Konstruktionsvollholz
Eine Holzrahmenwand aus Konstruktionsvollholz

Einsatz von KVH im Holzrahmenbau:

  • KVH bildet das tragende Gerüst einer Holzrahmenbauwand.
  • Es wird für senkrechte Stiele, Riegel und Schwellen verwendet.
  • Dank der hohen Präzision eignet es sich für energieeffiziente Wandaufbauten im Niedrigenergie- und Passivhausbau.

Was ist Brettschichtholz (BSH)?

Brettschichtholz (BSH), auch als Leimholz bekannt, besteht aus mehreren getrockneten Holzlamellen, die nach DIN EN 14080 zu einem Balken verleimt werden. Die wichtigsten Merkmale von BSH sind:

  • Material: Aus Nadelholz wie Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche oder Douglasie oder in einigen Fällen aus Laubholz, wie Buche hergestellt
  • Lamellen: Dicken von maximal 35-45 mm entsprechend der Nutzungsklasse – parallel verleimt.
  • Sortierung: Sortiert nach Festigkeitsklassen wie C24, C30.
  • Trocknung: Holzfeuchte von max. ≤ 15 %, wodurch Verformungen minimiert werden.

BSH wird häufig nach Festigkeitsklassen wie Gl24c oder Gl24h bezeichnet:

  • GL steht für „glue laminated“ und beschreibt den verleimten Aufbau der Holzlamellen.
  • 24 gibt die charakteristische Biegefestigkeit von 24 N/mm² an.
  • c bedeutet „combinated“, was auf einen kombinierten Aufbau der Lamellen hinweist (höherwertige Lamellen außen, Standardlamellen innen).
  • h steht für „homogen“, also einen gleichmäßigen Aufbau aller Lamellen.

Vorteile von BSH:

  • Höhere Tragfähigkeit und Steifigkeit im Vergleich zu Vollholz.
  • Große Querschnitte und Längen möglich (Standard bis 13 m, auf Anfrage länger).
  • Besonders formstabil durch Verleimung.

Brettschichtholz (BSH) – Für besonders tragfähige Konstruktionen

Durch seine hohe Tragfähigkeit und Formstabilität eignet sich Brettschichtholz besonders für Konstruktionen mit großen Spannweiten oder höheren Lastanforderungen. Es wird häufig in statisch anspruchsvollen Bereichen eingesetzt.

Typische Einsatzgebiete:

  • Dachkonstruktionen:
    • Pfetten und Sparren bei großen Spannweiten.
  • Stützen und Träger:
    • Besonders tragfähige Stützen für hohe Lasten (z.B. im Hallenbau).
  • Holztafelbau:
    • Trägerkonstruktionen, die höhere Belastungen aufnehmen müssen (Sonderfall).
  • Brückenbau und Ingenieurbauten:
    • Großdimensionierte Bauteile mit hoher Formstabilität.
  • Carports und Vordächer:
    • Sichtbare, optisch ansprechende Konstruktionen.

Vorteil: BSH eignet sich hervorragend für den sichtbaren Einsatz in Bereichen, in denen sowohl hohe Tragfähigkeit als auch Ästhetik gefordert sind.

Detailansicht einer sichtbaren Holzbalkendecke mit hellen Holzpaneelen und massiven Tragbalken, typisch für moderne Holzbau-Architektur

Einsatz von BSH im Deckenbau

  • BSH wird häufig für Holzbalkendecken eingesetzt.
  • Hier bildet es die tragende Ebene auf der das Gewicht des Deckenaufbaus lastet.
  • Erkennbar ist das Brettschichtholz an seinen mehrlagigen Aufbau.
Tragendes Brettschichtholz (BSH) in einer Brückentragkonstruktion
massive Brettschichtholzträger einer Autobrücke gefertigt von der Firma Huter&Söhne aus Innsbruck(AT)

Einsatz von BSH im Ingenieurholzbau

  • Aufgrund der sehr hohen Tragfähigkeiten ist Brettschichtholz auch für den Ingenieurholzbau unverzichtbar.
  • Mit BSH lassen sich auch größere Bauprojekte wie Hallen, Brücken oder mehrgeschossige Gebäude realisieren.

Häufig gestellte Fragen

Konstruktionsvollholz (KVH) besteht aus getrocknetem und keilgezinktem Vollholz und wird vor allem für Wandstiele, Sparren und andere tragende Bauteile verwendet. Brettschichtholz (BSH) hingegen besteht aus mehreren verleimten Holzlamellen, wodurch es höhere Tragfähigkeit und Formstabilität bietet. BSH eignet sich besonders für große Spannweiten und Bauteile mit höheren Lastanforderungen.

KVH wird in der Regel in der Festigkeitsklasse C24 sortiert. Das bedeutet, es handelt sich um Nadelholz mit einer charakteristischen Biegefestigkeit von 24 N/mm². Diese Klassifizierung garantiert die Eignung für tragende Konstruktionen im Bauwesen.

  • Gl steht für „glue laminated“ und beschreibt den verleimten Aufbau der Holzlamellen.
  • 24 gibt die Biegefestigkeit in N/mm² an.
  • c bedeutet „combinated“: Höherwertige Lamellen befinden sich außen, Standardlamellen innen.
  • h steht für „homogen“: Alle Lamellen haben denselben Aufbau und dieselbe Festigkeitsklasse.

Diese Sortierungen helfen, je nach statischen Anforderungen das passende BSH auszuwählen.

Die Abkürzungen stehen für die unterschiedlichen Oberflächenklassen von KVH:

  • Si: Sichtbarer Bereich – für Bauteile, die später sichtbar bleiben.
  • NSi: Nicht sichtbarer Bereich – für Bauteile, die später verdeckt verbaut werde

Duo- und Triobalken sind spezielle Varianten von Konstruktionsvollholz (KVH), die aus zwei (Duo) oder drei (Trio) miteinander verleimten Holzlamellen bestehen. Dadurch bieten sie:

  • Höhere Formstabilität als einfaches KVH.
  • Reduzierte Rissbildung durch die Verleimung.
  • Höhere Tragfähigkeit, besonders für Pfetten, Stützen und sichtbare Konstruktionen.

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