Von: Yannick Wild (Bauingenieur, Holzbauingenieur)
Stand: 07.05.2022
Ist eine Sanierung genehmigungspflichtig?
Bevor Sie mit der Sanierung Ihres Bestandsgebäudes beginnen, sollten Sie unbedingt prüfen, ob Ihre geplanten Maßnahmen genehmigungspflichtig sind. Viele Sanierungsarbeiten unterliegen speziellen Vorschriften und behördlichen Anforderungen, die eingehalten werden müssen, um den Bestandsschutz zu gewährleisten und teure Vollsanierungen oder rechtliche Probleme zu vermeiden.
Wann sollte eine Sanierung erfolgen?
Die Sanierung eines Gebäudes ist sinnvoll, wenn die bestehende Bausubstanz aus verschiedenen Gründen nicht mehr den heutigen Anforderungen an Sicherheit, Funktionalität und Komfort genügt. Dazu können bauliche Mängel, Schäden durch Witterungseinflüsse oder Abnutzung gehören. Auch aus ökologischer Perspektive bietet eine Sanierung Vorteile, da durch den Einsatz moderner Technologien und Materialien Energie eingespart und sowohl die finanziellen als auch die ökologischen Belastungen verringert werden können.
Wann muss eine Sanierung erfolgen?
Die Frage, wann eine Sanierung erfolgen muss, kann nicht präzise beantwortet werden. Es hängt von den jeweiligen Bauordnungen und Anforderungen der Bundesländer ab. Die meisten Bundesländer folgen jedoch der Musterbauordnung, die besagt: „Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“ [Quelle: MBO 2012 §3 Ansatz 1]. Als Eigentümer sind Sie daher verpflichtet, rechtzeitig sicherzustellen, dass Ihr Gebäude keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Dies kann der Fall sein, wenn die tragende Bausubstanz aufgrund äußerer Einflüsse, wie Bodenbewegungen, Erdbeben oder Wassereintritt, so geschwächt ist, dass ein Versagen der Tragfähigkeit wahrscheinlich ist. Es kann auch der Fall sein, wenn gesundheitsschädliche Baustoffe in die Umwelt gelangen können.
Als Eigentümer sollten Sie daher Ihr Gebäude regelmäßig auf Unregelmäßigkeiten wie Verfärbungen, Risse oder schlechte Gerüche überprüfen. Eine Pflicht hierzu kann sich auch aus den Bauunterlagen ergeben. Häufig wird dort auf ein sogenanntes „Pflichtenheft“ hingewiesen, in welchem die Baufirmen dem Bauherren die Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle und der Dokumentation übertragen.
Sanierung bei Gesetztes- und Normänderung?
Oft hört man in den Medien von Gesetztesänderungen oder Verschärfungen z.B. wenn es um die Energieeinsparung und dem Wärmeschutz von Gebäuden wie im neuen Gebäudeenergiegesetz kurz GEG geht. Häufiger kommt es aber vor, dass Hersteller neue Angaben zu ihren Bauprodukten machen und diese dann im Falle von Schrauben oder Verbindungsmitteln plötzlich schlechtere Trageigenschaften aufweisen als zum Zeitpunkt des Einbaus angegeben wurden. Aber muss deswegen ein Gebäude komplett saniert werden? Die beruhigende Antwort, nein muss es nicht. Der Gesetzgeber besagt klar, dass Baustoffe und Materialien bei bereits genehmigten Gebäuden den Vorgaben des Zeitpunktes entsprechen müssen, zu welchem sie verbaut wurden. Auch für kleinere Sanierungen dürfen diese Baustoffe und Materialien später wieder verwendet werden. Man spricht hierbei vom sogenannten Bestandschutz. Ausnahme, Ein Baustoff oder Werkstoff weißt solch gravierende Abweichungen auf, dass der oben genannte Paragraph 3 verletzt wird. Dies kommt aber nur sehr selten vor.
Ab wann neue Bestimmungen bei der Sanierung greifen
Wie bereits erwähnt dürfen bei kleineren Sanierungen Baustoffe, die noch aus der Bauzeit vorhanden sind, wiederverwendet werden ohne neuere Vorschriften zu berücksichtigen zu müssen. Doch wo wird die Grenze gezogen? Hier kommt es darauf an, da man prüfen muss ob der Bestandsschutz noch gilt oder der Eingriff in die Bausubstanz so groß ist, dass man von einem Neubau sprechen muss.
Nach der Musterbauordnung (MBO), die von der jeweils gültigen Landesbauordnung (LBO) abweichen kann, gilt ein Gebäude als Neubau, wenn die Nutzung geändert wird, z.B. wenn eine alte Scheune zukünftig als Wohnfläche genutzt werden soll. Wenn ein wesentlicher Eingriff in die für die Stand- und Funktionssicherheit relevante Bausubstanz vorgenommen wird. Hier kommt es auf die Einschätzung des zuständigen Bauamts an, da es hierzu keine feste Regelung gibt ab wann ein wesentlicher Eingriff vorliegt. In Fachkreisen geht man aber ab einer Änderung von 30% davon aus. Empfehlenswert ist es das Gespräch mit dem Bauamt zu suchen und zu erklären ob der Bestandsschutz erhalten bleiben kann.Auch das Verändern des optischen Erscheinungsbildes eines Gebäudes kann zum Aufheben des Bestandsschutzes führen. Auch hier sollte ebenfalls das Bauamt um eine Einschätzung gebeten werden. Sollte der Bestandsschutz wegen einen der drei genannten Punkte aufgehoben werden, müssen nur die neu
verbauten Baustoffe den aktuellen Vorschriften entsprechen.
wann ist eine Baugenehmigung notwendig?
Für kleinere Reparaturarbeiten werden in der Regel keine Genehmigungen benötigt.
Bei einer größeren Sanierung, bei der jedoch kein wesentlicher Eingriff in die Bausubstanz vorgenommen wird, es zu keiner Nutzungsänderung kommt oder das Erscheinungsbild des Gebäudes verändert wird, genügt eine Anzeige des Vorhabens bei der Gemeinde oder Stadt. Diese prüft binnen vier Wochen, ob ein mögliches Genehmigungsverfahren erforderlich ist. Wird jedoch einer der genannten Punkte verletzt, ist eine Baugenehmigung erforderlich. Der hierfür erforderliche Antrag muss dann von einem Architekten, Bauingenieur oder einer vergleichbaren fachkundigen Person eingereicht werden.
Im Rahmen der Aufklärungspflicht wird Sie aber auch Ihr Architekt oder Bauunternehmer darüber informieren ob eine Genehmigung genötigt wird. Die Kosten einer Baugenehmigung ergeben sich aus dem Bauumfang und belaufen sich auf ca. 500€ für Mittlere Sanierungen bis zu etwa 2000€ für die Kernsanierung. Informationen zu den Genehmigungskosten können den meisten Websiten der zuständigen Baubehörde entnommen werden.
Leitfaden zur Genehmigung
Im Folgenden Bild haben wir noch einmal die erwähnten Schritte auf dem Weg zur Sanierung grafisch dargestellt. Es wird noch einmal betont, dass sich die getroffenen Aussagen auf die Musterbauordnung bezieht. Es kann entsprechend dem jeweiligen Bundesland zu Abweichungen kommen. Ein Blick in die jeweilige Landesbauordnung oder eine Kontaktaufnahme mit dem Bauamt wird dennoch empfohlen.
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