Von: Yannick Wild (Bauingenieur, Holzbauingenieur)
Stand: 26.05.2025
Standsicherheitsnachweis – zentrale Voraussetzung beim Bau
Ein Standsicherheitsnachweis ist eine zentrale Voraussetzung beim Bau eines Hauses, die gewährleistet, dass das Gebäude stabil, sicher und dauerhaft nutzbar ist. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und worauf sollten Bauherren achten?

Was ist ein Standsicherheitsnachweis?
Der Standsicherheitsnachweis ist eine umfassende statische Berechnung, die bestätigt, dass die Konstruktion eines Gebäudes sämtliche auftretenden Lasten sicher aufnehmen und ableiten kann. Diese Lasten umfassen unter anderem Eigenlasten der Bauteile (wie Decken, Wände und Dachkonstruktion), Verkehrslasten (z.B. Möbel, Personen), Schnee- und Windlasten sowie eventuelle außergewöhnliche Lasten (etwa Erdbeben).
Die Rolle des Statikers beim Standsicherheitsnachweis
Verantwortlich für die Erstellung eines solchen Nachweises ist ein Statiker oder Tragwerksplaner. Diese Experten verfügen über ein Studium des Bauingenieurswesens mit Schwerpunkt in der Baustatik und je nach Bundesland von mindestens 3Jahren praktischer Erfahrung. Ihre Aufgabe ist es, anhand bautechnischer Normen und Regelwerke genau zu berechnen, welche Dimensionen und Materialien notwendig sind, um das Gebäude dauerhaft sicher zu errichten.
Welche Bauteile werden geprüft?
Im Rahmen eines Standsicherheitsnachweises prüft der Statiker sämtliche relevanten Bauteile und Verbindungen auf ihre Tragfähigkeit. Dabei wird berücksichtigt, dass das Gebäude über Jahrzehnte hinweg unterschiedlichen Belastungen und Umwelteinflüssen standhalten muss. Ziel ist es, dass selbst bei außergewöhnlichen Ereignissen, wie starken Stürmen oder intensiver Schneelast, keine Gefahr für Bewohner oder Nutzer entsteht.
Was beinhaltet ein Standsicherheitsnachweis?
Ein vollständiger Standsicherheitsnachweis enthält typischerweise:
Allgemeine Angaben zum Bauprojekt (z.B. Gebäudetyp, Standort)
Beschreibung der angewandten Normen und Richtlinien
Berechnungen zur Lastannahme (Eigenlasten, Verkehrslasten, Wind- und Schneelasten)
Nachweis der Tragfähigkeit einzelner Bauteile (z.B. Fundament, Tragwände, Decken und Dachkonstruktion)
Angaben zur Stabilität der Gesamtkonstruktion (z.B. Kippsicherheit)
Zeichnungen und Pläne zur Dokumentation und Darstellung der Konstruktion
Ergebnisse der Berechnungen mit Hinweisen zu notwendigen Materialstärken oder Verstärkungen
Worauf sollten Bauherren bei einem Standsicherheitsnachweis achten?
Um die Qualität eines Standsicherheitsnachweises sicherzustellen, sollten Bauherren besonders auf folgende Merkmale achten:
Ausführliche und detaillierte Formulierungen zum Bauvorhaben: Klare, präzise und nachvollziehbare Beschreibungen der geplanten Konstruktionen und spezifischen Anforderungen des Bauprojektes.
Dokumentierte Gedankengänge und Entscheidungsprozesse des Planers: Erläuterungen, warum und auf welcher Grundlage bestimmte Entscheidungen hinsichtlich Konstruktion und Material getroffen wurden, sorgen für mehr Transparenz.
Handskizzen und Handrechnungen: Diese deuten darauf hin, dass sich der Statiker intensiv, individuell und gründlich mit dem spezifischen Bauvorhaben auseinandergesetzt hat.
Positionspläne und präzise Benennung der Bauteile: Übersichtliche, klar strukturierte und eindeutige Zuordnung von Bauteilen zu jeweiligen statischen Berechnungen.
Schlüssige und nachvollziehbare Berechnungen: Alle Rechnungen sollten für Fachleute und andere Prüfstellen transparent, logisch und ohne unklare Stellen nachvollziehbar sein.
Ein Bauherr hat ein Recht auf ein Nachweis
Ein Statiker ist dazu verpflichtet, einen umfänglichen und prüffähigen Standsicherheitsnachweis zu erstellen. Gerade im Neubau sollten Bauherren auf ein solches vollständiges Dokument achten, da es nicht nur für Sicherheit sorgt, sondern auch den Wiederverkaufswert des Gebäudes steigert. Ein detaillierter und nachvollziehbarer Nachweis erhöht das Interesse potenzieller Käufer und ermöglicht unter Umständen deutlich mehr Möglichkeit beim späteren Umbau.
Vorteile eines gründlichen Standsicherheitsnachweises für Bauherren
Für Bauherren bedeutet ein fundierter Standsicherheitsnachweis nicht nur die Sicherheit ihres Gebäudes, sondern auch rechtliche Klarheit. Ein sorgfältig erstellter und geprüfter Nachweis schützt vor späteren Problemen oder Beanstandungen durch Behörden oder Versicherungen und stellt somit eine essenzielle Grundlage für einen stressfreien Bauablauf dar.
Häufig gestellte Fragen
Ein Standsicherheitsnachweis ist gesetzlich vorgeschrieben, um sicherzustellen, dass Gebäude den Anforderungen hinsichtlich Stabilität und Sicherheit entsprechen und dauerhaft genutzt werden können.
Nur ausgebildete Personen mit einem abgeschlossenen Studium des Bauingenieurwesen und mindestens 3 Jahren Berufserfahrung dürfen diesen Nachweis erstellen. Bei kleineren Umbauten oder Objekten sind aber auch Handwerker mit Meisterbrief unter Umständen als Standsicherheitsnachweis berechtigt. Hier gelten aber strenge Ausnahmen und unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland.
Je nach Komplexität des Projekts kann dies zwischen wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen dauern.
Ein Einfamilienhaus lässt sich innerhalb von 3-4 Tagen berechnen. Für die Dokumentation sollte in etwa 1Tag eingeplant werden.
Ohne ausreichenden Nachweis drohen Baustopps, behördliche Sanktionen sowie Haftungsrisiken für Bauherren. Entscheidend ist die Gebäudeklasse und Umfang des Bauvorhaben ob ein entsprechender Nachweis zur Prüfung vorliegen muss.