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Von: Yannick Wild (Bauingenieur, Holzbauingenieur)

Stand: 5.11.2024

Leistungsphasen nach HOAI

Leistungsphasen gemäß der HOAI treten auf, wenn verschiedene Planer und Gewerke an einem Bauprojekt beteiligt sind, jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Sie unterstützen die Koordinierung, den zeitlichen Ablauf und rechtliche sowie finanzielle Fragen.

Die neun Leistungsphasen der HOAI decken wichtige Bauprozessschritte ab, von der ersten Skizze bis zur Schlüsselübergabe. Sie beeinflussen auch die Kostenentwicklung und legen fest, wie sich die realen Kosten im Vergleich zu den geplanten Kosten entwickeln dürfen.

Besondere Vorsicht ist geboten: Angesichts der rapide steigenden Materialpreise und der anhaltenden Inflation behalten sich Planer und Unternehmen im Vertrag vor, höhere Einkaufs- und Planungskosten an Sie weiterzugeben als ursprünglich vorgesehen. Daher sollten Sie Ihren Bauvertrag stets sorgfältig durchlesen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Leistungsphasen der HOAI dienen einer strukturierten Bauabwicklung mit verschiedenen Beteiligten.
  • Private Bauherren sind nicht an die Vorgaben der HOAI gebunden.
  • Die 3 Kernaufgaben der Leistungsphasen nach HOAI beschäftigen sich mit Planung, Auftragsvergabe und Bauphase.
  • Die preisliche Entwicklung eines Projektes ist eng an die jeweilige Leistungsphase gebunden.

Leistungsphase 1: Grundlagenermittlung

In der ersten Leistungsphase wird die grundlegende Durchführbarkeit des Bauprojekts diskutiert. Dabei steht zunächst die Klärung der wichtigsten Fragen im Vordergrund:

– Was soll gebaut werden?
– Wo soll gebaut werden?
– Wie soll gebaut werden?

Die Diskussion über den angestrebten Energiestandard des Gebäudes und potenzielle Fördermöglichkeiten, wie etwa durch die KfW, sollte bereits erfolgen. Es muss auch festgelegt werden, welche Behörden oder Gutachter kontaktiert werden müssen. In einigen Regionen ist es ratsam, ein vorläufiges Bodengutachten durchzuführen, um festzustellen, ob das Grundstück für die geplante Bebauung geeignet ist oder ob mit Zusatzkosten durch Baugrundertüchtigung zu rechnen ist.

Kostenrahmen

Bereits in der ersten Leistungsphase legt man einen „Kostenrahmen“ fest, der als Grundlage für spätere detaillierte Kostenschätzungen dient. Diese Phase ist entscheidend, da die Erfahrung und das Einschätzungsvermögen des Architekten oder Beraters maßgeblich sind, um den Projekterfolg sicherzustellen oder teure Nachfinanzierungen wegen Planänderungen zu vermeiden.

Der Kostenrahmen darf eine Abweichung von ± 40% vom späteren Endbetrag betragen ohne das Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können.*

* Quelle: Schadensersatzforderungen nach
Eschenbruch, Bauverzug: Haftet
Baubetreuer/Projektsteuerer?, in:
IBR 2001, Heft 1, S. 34, 2001

Leistungsphase 2: Vorplanung

In der zweiten Leistungsphase werden die Ergebnisse aus Phase eins von Architekten und Fachplanern genauer analysiert. Sie prüfen die kommunalen Vorgaben wie Bebauungspläne und nehmen gegebenenfalls Anpassungen vor. Dabei ziehen sie Experten wie Bauphysiker und Tragwerksplaner hinzu, um ein erstes Konzept für die Statik, den Schall- und Wärmeschutz zu entwickeln.

Der Bebauungsplan spielt eine zentrale Rolle bei der Gestaltung von Gebäuden und Grundstücken. Städte und Kommunen legen darin fest, wie sich ein Ortsteil oder Gebiet entwickeln und in das städtische Bild eingliedern soll. Hierbei können Vorgaben gemacht werden, etwa zur Neigung oder Form eines Daches, der Art und Farbe der Dachziegel, der bebaubaren Fläche auf einem Grundstück, den einzuhaltenden Abstandsflächen zu anderen Gebäuden oder ob eine Grenzbebauung vorgesehen ist.

Während der Vorplanungsphase sollten Bauherren neben den Planungsarbeiten auch Gespräche mit Banken führen, um mögliche Finanzierungen zu klären, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Preissteigerungen während der Bauphase. Die regelmäßige Information der Banken über den Planungsfortschritt und die erwarteten Kosten kann die Risikobewertung der Bank verbessern und die Konditionen sowie Zinsen für Kredite optimieren.

Kostenschätzung

Auch der Kostenrahmen wird in der zweiten Leistungsphase detaillierter mit Hilfe von Leistungsbildern und Leistungsverzeichnis entsprechen der HAOI und der DIN 276 zur Kostenschätzung angepasst.

Die Kostenschätzung darf eine Abweichung von ± 30% vom späteren Endbetrag betragen ohne das Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können.*

* Quelle: Schadensersatzforderungen nach
Eschenbruch, Bauverzug: Haftet
Baubetreuer/Projektsteuerer?, in:
IBR 2001, Heft 1, S. 34, 2001

Leistungsphase 3: Entwurfsphase

Mit dem Beginn von Leistungsphase drei sollten sämtliche Fragen zu den behördlichen Vorgaben und Anforderungen geklärt sein. Ab diesem Zeitpunkt werden die Leistungen von Ingenieuren und Architekten konkretisiert. Der Architekt arbeitet nun mit detaillierten Zeichnungen, die Angaben zur Haushöhe, Raumgröße sowie zur Position der Fenster und Türen enthalten. Auch wichtige Details wie die Dachneigung und die Höhe des Fußbodens werden festgelegt.

Gemäß des angestrebten Energiestandards entwickeln Bauphysiker ein Konzept, um das Gebäude in den Wintermonaten warm und in den Sommermonaten kühl zu halten. Sie berechnen den zu erwartenden Energiebedarf sowie die einwirkende Energie durch Sonneneinstrahlung. Um Wärmeverluste durch undichte Stellen zu vermeiden, erarbeiten sie ein Lüftungskonzept, das einen gesunden Austausch von CO² und Sauerstoff gewährleistet, ohne hohe Wärmeverluste durch häufiges Lüften in Kauf nehmen zu müssen.

Neben den Planungen sollten zeitgleich Gespräche mit den zuständigen Behörden darüber geführt werden, welche Unterlagen und Anträge  Sie als zuständiger Bauherr zur späteren Genehmigung einreichen müssen.
Da das Baurecht Landesrecht ist, kann es daher zu Abweichungen kommen.
Beispielsweise für Bayern : BayBO (www.gesetze-bayern.de)

Zusätzlich zum eigentlichen Bauantrag sind auch weitere Genehmigungen erforderlich, wie z.B. von der Straßenverkehrsbehörde, falls das Baugeschehen, wie die Anlieferung von Material, Verkehrseinschränkungen verursacht.

Kostenberechnung

Mit der Entwurfsplanungen sind auch die Kostenschätzungen weiter durch Leistungsbilder und Leistungsverzeichnis entsprechen der HAOI und der DIN 276 anzupassen und ergeben die Kostenberechnung.

Zulässige Abweichungen sind ab nun an ± 20% vom späteren Endbetrag, ohne das Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können.*

* Quelle: Schadensersatzforderungen nach
Eschenbruch, Bauverzug: Haftet
Baubetreuer/Projektsteuerer?, in:
IBR 2001, Heft 1, S. 34, 2001

Leistungsphase 4: Genehmigungsplanung

In der Leistungsphase 4 müssen alle erforderlichen Vorlagen, die für die Anträge bei den zuständigen Behörden benötigt werden, unter Kooperation von Architekt, Fachplanern und Bauherren angefertigt werden. Dazu zählen eine Baubeschreibung, welche das Gewerk und die damit zusammenhängenden Leistungen sowie die beteiligten Planer aufführt, sowie eine zeichnerische Darstellung im Maßstab 1:100, welche die wichtigsten Merkmale wie Gebäudehöhe, Dachneigung und Raumgröße aufzeigt. Zusätzlich müssen eine Standsicherheitsüberprüfung des Gebäudes durch einen Tragwerksplaner sowie die Energieklasse des Gebäudes nach dem neuen Energieeinspargesetz, kurz GeG (früher Energieeinsparungsverordnung EnEV), mit eingereicht werden.

Des Weiteren ist es verpflichtend, die Zustimmung der zukünftigen Nachbarn durch Unterschrift auf der Genehmigungsplanung einzuholen. Sollte diese verweigert werden, ist das weitere Vorgehen mit dem Architekten abzuklären. Unter Umständen kann eine Baugenehmigung auch ohne Zustimmung erteilt werden, andernfalls bleibt nur der Rechtsweg, die Nachbesserung oder Verhandlungen mit dem Nachbarn, was in diesem Stadium zusätzliche Kosten bedeutet.

Eine weitere Anpassung der Kostenentwicklung wird hier nicht vorgenommen da es ggf. durch Baubehörden zu Änderungen oder Auflagen kommen kann.

Leistungsphase 5: Ausführungsplanung

Sobald die benötigten Genehmigungen erteilt sind, beginnt Phase 5, in der an den späteren Ausführungen gearbeitet wird. Hierbei richtet der Architekt sein Augenmerk verstärkt auf die Vorgaben der Fachplaner.

Zeichnerische Details werden nun im Maßstab 1:50 angefertigt, wobei die Ausführung des Mauerwerks oder der Holzkonstruktion sowie die Positionierung der Haustechnik und der elektrischen Ausstattung wie Steckdosen geplant werden.

In dieser Phase sollten Sie sich bereits über wichtige Punkte wie die Wahl der Fliesen für das Bad, den Fußbodenbelag und das Dekor entschieden haben. Obwohl einige Entscheidungen auch später getroffen oder geändert werden können, erschwert dies die Kostenentwicklung und größere Abweichungen sind möglich.

Eine weitere Anpassung der Kostenentwicklung wird hier nicht vorgenommen.

Leistungsphase 6: Vorbereitung der Vergabe

In der Leistungsphase 6 werden gemeinsam mit den Fachplanern Mengenermittlungen und Leistungen in Leistungsverzeichnissen oder Leistungsbildern festgehalten. Diese dienen später als Grundlage für Verhandlungen mit den ausführenden Unternehmen und regeln nicht nur die Kosten, sondern auch den Umfang der erbrachten Leistungen. Sie sind auch im Streitfall über mangelhafte Ausführungen oder nachträgliche finanzielle Forderungen relevant, je nach der späteren Vertragsform.

Es existieren verschiedene Vertragsformen, darunter der Einheitspreisvertrag, bei dem die Kosten für die Fertigung von 1 m² berechnet und auf die tatsächliche Fläche hochgerechnet werden, sowie der Pauschalvertrag mit einem festgelegten Preis für alle erbrachten Leistungen. In der Regel werden Einheitspreise vereinbart, da sie für Unternehmen besser kalkulierbar sind.

Eine weitere Anpassung der Kostenentwicklung wird hier nicht vorgenommen.

Leistungsphase 7: Mitwirkung der Vergabe

Mit der Leistungsphase sieben werden nun auch die ausführende Gewerke in das Projekt integriert. Hierzu werden je nach Auftragsvolumen mehre Firmen kontaktiert und Angebote eingeholt, Angebote besprochen und Verträge geschlossen.

Bekommt ein Bauunternehmen den Auftrag, wird dieser in Rücksprache mit dem Architekten oder Bauleiter den zeitlichen Ablauf der Arbeiten planen und Materialien bestellen. Gerade bei Baustellen an denen viele Gewerke und Unternehmen beteiligt sind, ist ein gut geplanter Zeitplan unverzichtbar. Bei zeitlichen Verzögerungen z.B. durch verspätete Fertigstellung eines Vorgewerks, verspätete Anlieferung von Materialien oder Nacharbeiten zu Behinderungen kommen, welche den gesamten Zeitplan in Verzug bringen.
Sieht sich ein Unternehmer unverschuldet beeinträchtigt seine Arbeiten wie geplant umzusetzen, können je nach Vertragsform sogar Schadensansprüche gegen den Vertragspartner geltend gemacht werden.

Da Firmen i.d.R. Verträge nach VOB Teil B bevorzugen sollte Sie sich die Zeit nehmen die 18 Paragraphen durchzulesen.

Wir haben sie einmal hier verlinkt.

Baufirmen sind zudem bei Vertragsschluss mit Privatpersonen dazu verpflichtet diese vorab auszuhändigen.

Kostenanschlag

Durch die Ermittlung der exakt benötigten Mengen von Materialien und die für die Ausführung benötigte voraussichtliche Zeit lassen sich nun auch die Kosten sehr genau bestimmen.

Zulässige Abweichungen sind ab nun an nur noch ± 10% vom späteren Endbetrag ohne das Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden können.*

* Quelle: Schadensersatzforderungen nach
Eschenbruch, Bauverzug: Haftet
Baubetreuer/Projektsteuerer?, in:
IBR 2001, Heft 1, S. 34, 2001

Leistungsphase 8: Objektüberwachung

In Phase acht überprüft der Architekt oder Bauleiter die Pläne der Fachfirmen. Er gewährleistet, dass alle statischen und bauphysikalischen Vorgaben erfüllt sind. Von diesem Zeitpunkt an begleitet er die Bauausführung und dokumentiert den Fortschritt im Bautagebuch. Dieses ist rechtlich verpflichtend und dient als Beweismittel bei Differenzen. Es muss festgehalten werden, wer sich auf der Baustelle aufgehalten hat, welche Maschinen verwendet wurden und welche Arbeiten durchgeführt wurden. Die benötigte Zeit zur Ausführung wird erfasst und wöchentlich mit den geplanten Zeiten auf Termintreue überprüft.

Als Bauherr sorgen Sie dafür, dass die Baustelle vor Arbeitsbeginn gegen Zutritt Fremder geschützt ist und keine Gefahr durch das Baugeschehen für die Allgemeinheit besteht. Sie stellen sicher, dass die Firmen, sofern benötigt und nicht anders vereinbart, Zugang zur Wasser- und Stromversorgung haben und für die Müllentsorgung Container aufgestellt sind. Diese Pflichten können auf den Architekten oder Bauleiter übertragen werden. Bei Ordnungswidrigkeiten, Straftaten oder Unfällen werden die Behörden Sie kontaktieren, und Sie müssen nachweisen, auf wen und in welchem Umfang Sie diese Pflichten übertragen haben.

Die Leistungsphase 8 endet mit der Abnahme aller Gewerke. Bestehen noch gravierende Mängel, ist es wichtig, dies schriftlich festzuhalten und gegebenenfalls die Abnahme zu verweigern. Ein gravierender Mangel liegt vor, wenn die erbrachte Leistung nicht dem Stand der Technik entspricht oder ein Einzug nicht oder nur bedingt zumutbar ist.

Wann ein Mangel ein Mangel und wann ein Schaden ist, haben wir hier einmal für Sie erläutert.

Eine weitere Anpassung der Kostenentwicklung wird hier nicht vorgenommen.

Leistungsphase 9: Objektbetreuung

Nach der Abnahme des Gewerks durch den Bauherren und die Behörden beginnt nun die letzte Leistungsphase, die sich mit der Abwicklung der Kosten sowie der Betriebsfähigkeit im Rahmen der Gewährleistungspflicht beschäftigt.

Nach Abschluss der Arbeiten müssen die zeichnerischen Darstellungen schlussendlich mit den vorgenommenen Änderungen abgeglichen und angepasst werden. Diese Unterlagen sind für spätere Reparaturen, den Verkauf oder als Nachweis bei Behörden aufzubewahren.

Die Betreuung des Objekts befasst sich dann mit der regelmäßigen Überwachung der Bausubstanz und ob etwaige Beschädigungen, wie zum Beispiel Risse, erkennbar sind. Bei einem Vertrag nach VOB/B beträgt diese Frist 4 Jahre, bei einem Werkvertrag nach BGB 5 Jahre.

Die Gewährleistungspflichten der Unternehmen umfassen auch Reparaturen der Haustechnik und der fest verbauten Einrichtungen. Die Dauer dieser Gewährleistung variiert jedoch und beträgt zwischen einem Jahr und 5 Jahren.

Kostenfeststellung

Mit der Abnahme werden auch schlussendlich alle exakten Leistungen und Stundenzettel abgerechnet, eine detaillierte Auflistung aller Kosten zusammengefasst und diese mit den verschiedenen Kostenphasen auf Einhaltung abgeglichen.

Da es sich in dieser Phase um die Schlussrechnung handelt sind keinerlei Abweichungen mehr zulässig.

* Quelle: Schadensersatzforderungen nach
Eschenbruch, Bauverzug: Haftet
Baubetreuer/Projektsteuerer?, in:
IBR 2001, Heft 1, S. 34, 2001

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